Die neue GOÄ - was auf Privatversicherte zukommt

Ralph Audörsch • 2. Juni 2025

Historische Reform nach jahrzehntelangem Stillstand

Der 129. Deutsche Ärztetag in Leipzig hat am 29. Mai 2025 den gemeinsam mit dem PKV-Verband und den Beihilfeträgern ausgehandelten Entwurf einer neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) beschlossen. Mit dieser neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) wird die Abrechnung ärztlicher Leistungen grundlegend modernisiert. Was das für Sie als PKV-Kunde bedeutet, haben wir für Sie zusammengefasst.


Die neue Gebührenordnung für Ärzte

Die Reform wird die Kosten für ambulante Arztbehandlungen in der PKV voraussichtlich um rund 13 Prozent erhöhen. Ein gemeinsames Monitoring-Verfahren zwischen Ärzteschaft und PKV soll jedoch starke Kostensteigerungen frühzeitig erkennen und zeitnahe Anpassungen ermöglichen. Heißt: Man versucht die Steigerung häppchenweise den Versicherten beizubringen. Gerechnet wird mit zusätzlich 1,9 Mrd. Euro Kosten in der ambulanten Versorgung.


Hintergrund und Notwendigkeit der Reform

Die derzeit geltende GOÄ stammt in weiten Teilen aus den 1980er Jahren und wurde letztmalig 1996 teilnovelliert, Seither fehlte es an grundlegenden Anpassungen an den medizinischen Fortschritt und die tatsächliche Kostenentwicklung. Diese jahrzehntelange Stagnation führte zu erheblichen Problemen in der privatärztlichen Abrechnung: Wesentliche medizinische Leistungen, insbesondere im Bereich der Digitalisierung und modernen Medizin, sind in der aktuellen GOÄ nicht abgebildet. Viele moderne Behandlungsmethoden mussten über komplizierte Analogziffern abgerechnet werden, was sowohl für Ärzte als auch für Patienten zu Unsicherheiten führte. Besonders problematisch war die massive Unterbewertung der ärztlichen Zuwendung: Selbst hochkomplexe Beratungssituationen wie die Mitteilung einer Krebsdiagnose brachten nur ein Honorar von etwa 60 Euro ein. Die neue GOÄ wird das Leistungsverzeichnis fundamental überarbeiten und von derzeit etwa 2.800 auf rund 5.600 Gebührennummern erweitern. Diese Ausweitung dient dazu, den aktuellen Stand der Medizin vollständig abzubilden und die bisher notwendigen Analogberechnungen zu eliminieren.

Die neue GOÄ bildet erstmals systematisch digitale Leistungen ab, insbesondere die Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) und telemedizinische Behandlungen. Diese Neuerung trägt der fortschreitenden Digitalisierung im Gesundheitswesen Rechnung und schafft Abrechnungsgrundlagen für moderne Versorgungsformen. 

Abschaffung der Steigerungsfaktoren

Ein wesentlicher Systemwechsel ist die Abschaffung der bisherigen Steigerungsfaktoren (wie dem 2,3- oder 3,5-fachen Satz) zugunsten fester Honorarsätze mit definierten Zuschlägen für besonders aufwendige Behandlungen.


Politische Verantwortung der Bundesregierung

Das Inkrafttreten der neuen GOÄ liegt nun in der Verantwortung der Politik. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken hatte auf dem Ärztetag die Notwendigkeit einer neuen Gebührenordnung betont. Da die GOÄ eine Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates ist, muss das Bundesgesundheitsministerium nun das förmliche Verordnungsverfahren einleiten.


Ungewisser Zeitplan

Ein konkretes Datum für das Inkrafttreten ist noch nicht festgelegt. Die neue GOÄ wird im aktuellen Koalitionsvertrag von CDU und SPD nicht erwähnt und konkurriert mit anderen Großreformen im Gesundheitswesen. Experten gehen davon aus, dass die Umsetzung mehrere Monate bis Jahre dauern könnte


Kritik und kontroverse Diskussion

Opposition bedeutender Fachverbände

Trotz der Zustimmung des Ärztetages gab es erheblichen Widerstand von etwa 25 Fachgesellschaften und Berufsverbänden, die sich zur Initiative "GOÄneu - So nicht!" zusammengeschlossen hatten. Diese Verbände kritisierten insbesondere die mangelnde Transparenz der Verhandlungen zwischen Bundesärztekammer, PKV und Beihilfe sowie die aus ihrer Sicht unzureichende Beteiligung der Fachverbände.


Bedenken bezüglich der Kostenkalkulation

Kritiker bemängelten, dass die Leistungsbewertungen nicht auf nachvollziehbaren betriebswirtschaftlichen Grundlagen beruhten, sondern einer "Volumenbetrachtung" folgten. Besonders die starken Abwertungen in der Gerätemedizin wurden als sachlich nicht begründbar kritisiert. Die Reform führt zu einer Umverteilung zwischen den Fachgebieten: Während die sprechende Medizin mit Zuwächsen von über 60 Prozent profitiert, müssen technische Fächer wie Radiologie und Labormedizin mit Einbußen von bis zu 29 Prozent rechnen.


Fazit

Was können Sie als PKV-Kunde tun?

  • Tarif prüfen: Nicht jede Beitragserhöhung ist alternativlos. Ein Tarifwechsel innerhalb Ihrer PKV kann helfen, die Kosten zu senken, ohne auf wichtige Leistungen zu verzichten.
  • Beratung nutzen: Lassen Sie sich individuell beraten, ob Optimierungsmöglichkeiten bestehen – etwa durch Anpassung von Selbstbehalt oder Leistungsumfang.
  • Langfristig denken: Altersrückstellungen bleiben bei einem internen Tarifwechsel erhalten. Ein Anbieterwechsel ist meist nur in Ausnahmefällen sinnvoll.

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